Am höchsten bewertete positive Rezension
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4,0 von 5 SternenDie Realität holt einen früher ein, als man glaubt...
VonFlorian Sternchenam 11. März 2014
Der Film, der im Original einfach kurz und unscheinbar "The List" heißt, wird mit den Zitaten "Wikileaks" und "Edward Snowden" auf dem Cover beworben. Er trägt im Deutschen den Titel "Die Todesliste - Nr. 1 stirbt" und ist der erste Spielfilm des deutschen Regisseurs Klaus Hüttmann, der bisher nur bei einem Kurzfilm mit dem Titel "Der Schwimmer" Regie geführt hat. Vorher war er bereits öfter als Autor von TV-Krimis in Erscheinung getreten.
Hüttmann greift mit seinem Film "The List" ein Thema auf, welches wohl nicht aktueller und brisanter sein könnte. Er ließ sich eindeutig durch die Geschehnisse um Edward Snowden und die Seite Wikileaks inspirieren. So steht im Mittelpunkt seiner Geschichte eine Seite, genannt "die Liste", auf der die korruptesten Politiker und Wirtschaftsmagnaten durch Eintragung der Internetnutzer landen können. Von da an besteht die Möglichkeit, diese in höhere Positionen der Liste zu "voten". Ins Netz gestellt hat diese Liste Christopher Corwin, der durch die Machenschaften eines Pharmakonzerns und den damit verbundenen Tod seines Bruders in gewisser Weise Rache üben will und ein Exempel statuieren will, damit in Zukunft kein Mensch mehr unter Korruption leiden muss. Die Presse stürzt sich auf Corwin und sein Vorhaben, er bekommt einen Preis für seine "Tat" verliehen. Doch wie es mit Listen ist, irgendjemand arbeitet sie ab. In diesem Fall ist ein Killer, der immer die Person an der Spitze der Liste (wie im deutschen Titel bereits darauf hingewiesen) tötet. Und als ob das nicht schon genug wäre, steht plötzlich Christopher ebenfalls auf der Liste...
Man merkt dem Film zwar an, dass ein geringes Budget zur Verfügung stand, dies ist in meinen Augen allerdings keine Begründung, einen Film schlechter zu bewerten. Wie beim vorliegenden Film kann man nämlich erkennen, dass das Budget zielgerichtet eingesetzt wurde und spezielle bei "The List" hat Hüttmann weniger auf Spezialeffekte, dafür mehr auf eine wirkliche Charakterzeichnung und das Schicksal der Figuren gesetzt. Aus einer im ersten Moment richtigen Entscheidung wird schnell ein Desaster, welches noch viele weitere positive wie vor allem negative Geschehnisse wie einen Rattenschwanz mit sich zieht. So auch in dieser Geschichte, in der ein durch einen Schicksalsschlag am Boden zerstörter Mann einen eigentlich guten Einfall hat. Was allerdings leicht auf der Strecke bleibt, ist die allseits bekannte Logik. Was macht der Killer denn, wenn er sich ein Opfer ausgesucht hat und in diesem Moment jemand anders auf Platz 1 der Liste rutscht? Und wer hat Corwin durch seine Votes immer weiter in der Liste steigen lassen und was war sein Motiv? Letzteres kann man nur erahnen, aber eine filmische Bestätigung hierfür gibt Hüttmann nicht.
Die Kameraführung ist langsam und hat die Szenerien gut im Visier. Man merkt an vielen Szenen, dass der Kameramann ein Talent für gut ausgerichtete Bilder hat. Dies ist z.B. im Auto oder während der Opfervideos der Fall. Passend dazu sind die Schnitte überwiegend kühl und ruhig platziert. So fällt es auch auf, dass das Tempo des Films überwiegend gedrosselt ist, die Spannung also nicht rasant sondern eher bedrückend wirkt. Da es sich bei "The List" allerdings um ein Thrillerdrama und keinen Actionthriller handelt, ist dies durchaus vertretbar. Passend zum bedrückenden Thema weist der Film stets schlechtes Wetter oder dunkle Wolken am Firmament auf.Walter Mair komponierte den Score, der sich gut in die kühle Athmosphäre des Filmes integriert, allerdings keine bleibenden Eindrücke oder Erinnerungen hinterlässt.
Bei der Besetzung hatte man meiner Meinung nach ein gutes Händchen. So hat man Schauspieler für die Rollen gecastet, die einerseits gerade in den Hauptrollen gute bis sehr gute Leistungen erbringen, andererseits aber überwiegend unbekannt oder zumindest nicht im Fokus der Boulevardpresse schweben, sodass der ganzen Geschichte ein gutes Stück Realismus zukommt. Besonders stark fand ich die Darsteller der tragenden Rollen: Anthony Flanagan, Sienna Guillory, Nigel Planer und Clive Russell. Anthony Flanagan kennt man wohl am Ehesten aus dem ausgezeichneten britischen TV-Mehrteiler "Mord auf Seite eins" oder der Serie "Shameless". Glaubhaft und gut stellt er Christopher Corwin dar, die Überzeugung Corwins an der Liste wirkt realistisch. Sienna Guillory ist als seine ihn liebende Ehefrau zu sehen. Die Angstzustände ihrer Figur wirken echt und überzeugend. Während nun Clive Russell eine Art Unterstützerrolle in Form des Polizisten Peter einnimmt und vor Verzweiflung und Machtlosigkeit fast zerbricht, tritt Nigel Planer in der völlig am Boden gebliebenen Figur des Killers auf, der mit einem überzeugenden Motiv zu Werke geht. Alle anderen Darsteller sind nicht schlecht, allerdings rückt Hüttmann die oben genannten vier Darsteller in den Fokus der Kamera und der Geschichte.
Ausstattung:
Das Wendecover, welches übrigens recht hübsch gestaltet ist, wirbt zum Einen mit den Namen der Hauptdarsteller, zum Anderen mit Schlagworten wie "Wikileaks" und "Edward Snowden", wie ich bereits eingangs schilderte. Das Titelbild lässt allerdings eher einen Actionthriller als ein Thrillerdrama vermuten, weshalb man sich auch über negative Kritiken von Käufern im Klaren sein muss, die einen Actionfilm erwartet hatten. Der Film steckt in der handelsüblichen blauen Amaray-Hülle für Blu-Rays.
Bonusmaterial:
Die Blu-Ray enthält sowohl den originalen Trailer zum Film sowie einige Programmvorschauen auf neue Filme, die von der Tiberius Film vertrieben werden.
Bild & Ton
Die Bilder sind, wie bereits oben ausgeführt, kühl und düster. Man bekommt ein sattes High Definition zu sehen. In den ganz dunklen Szenen des Filmes fällt allerdings auf, dass das Bild eine leichte Körnung aufweist. Da ich meine Filme im Normalfall nur in Deutsch ansehe, kann ich nur über die deutsche Synchronisation berichten. Die Synchronarbeit ist weder positiv noch negativ einzuordnen, eher so in der guten Mitte. Allerdings fiel mir auf, dass sie etwas zu Leise im Vergleich zum restlichen Filmton ist. Da hätte man die Lautstärke im Verhältnis zu den anderen Komponenten anheben müssen.
Fazit:
Mit "Die Todesliste - Nr. 1 stirbt" hat Tiberius Film einen nettes, kleines und vor allem beängstigend realistisches Thrillerdrama aus England veröffentlicht. Hüttmann hat seine Idee richtig angepackt und gemeinsam mit der gut gewählten Besetzung seinen eigenen Einstand in der Welt der Langfilme gut vollbracht. Meine Empfehlung!