Das Thema Islam und Homosexualität sind beides sehr heikle Themen und nicht einfach beides in einem Film zu verbinden. Hier ist das aber recht gut gelungen und beide Themen wurden überzeugend dargestellt. Wobei gerade die sehr konservative Religion sehr eindrücklich gezeigt wird, wie negativ diese Glaubensart "sein kann" und welche "Auswüchse" es gibt. Aber es zeigt auch das Familienzusammenhalt - egal was auch im Leben eines Menschen passieren kann, etwas ganz wichtiges ist. All das wird in diesem Film sehr schön und liebevoll dargestellt. Gute und zum Teil sehr ausdrucksstarke Schauspieler. Schöne Bilder und krasse Darstellungen finden ihren Platz in dieser Geschichte. Diese DVD gehört in jede gute Gayvideo Sammlung und kann man mehrmals ansehen

Man könnte dem belgischen Regisseur Guy Lee Thys vielleicht den Vorwurf machen gleich mehrere Themen miteinander verbinden zu wollen und dabei den Kern seines Anliegens ein wenig aus den Augen zu verlieren, aber bei genauer Betrachtung gelingt ihm diese Verknüpfung doch erstaunlich gut. Steht doch im Mittelpunkt seiner Geschichte einerseits das Thema Homosexualität, auf der anderen Seite Werte und Traditionen von Immigrantenkindern, die nur noch wenig Bezug zu ihrer Heimat haben.

Das belgische Kino ist bei uns nur wenig bekannt, obwohl es bereits zwei Mal mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet wurde. Der aus Antwerpen stammende Regisseur erzählt eine Geschichte aus seiner Heimatstadt, bei der sein Protagonist hin und hergerissen ist zwischen der weltoffenen belgischen Gesellschaft und seinen türkischen Wurzeln, deren Traditionen in seiner Familie nach wie vor von elementarer Bedeutung sind. Man könnte auch sagen, ein Coming-out zwischen Tradition und Moderne, bei der aus einer zunächst platonischen Freundschaft, eine leidenschaftliche Romanze wird, die alteingesessene Moralvorstellungen und gesellschaftliche Konventionen sprengt.

Zentrales Thema des Films bleibt die Liebe zweier junger Männer aus unterschiedlichen Kulturkreisen, denn wie zu lesen war kam Thys die Idee zum Film beim Durchblättern einer Zeitung, in der er über eine Statistik stolperte:" In der sich 90 Prozent aller jungen Muslime gegen Homosexualität aussprachen, während 90 Prozent aller jungen Belgier keine Probleme damit haben. Das verletzt." Doch er klagt niemanden an, plädiert er doch dafür umso leidenschaftlicher, dem Rassismus auf beiden Seiten mit Verständnis und Achtung entgegenzutreten. Deutlich legt der Filmemacher seinen Finger in die offene Wunde der Fremdenfeindlichkeit auf beiden Seiten. Für mich ein sehr sehenswerter Streifen zu diesem Thema, ohne Zeigefinger aber mit so manchen kleinen Seitenhieben.....

Mit allergrößtem Interesse habe ich mir den Film angesehen, da ich in meinem engsten Freundeskreis Freunde habe, die ihre familiären Wurzeln im türkischen Grenzgebiet zu Syrien hin haben.

Bram ist in Belgien aufgewachsen und denkt infolgedessen völlig europäisch, hat auch neben türkischen Freunden einen einheimischen Freundeskreis.
Zwar lebt Brams Familie schon lange im Lande, doch die kulturelle Eigenständigkeit ist geblieben und fest verwurzelt, was ja zunächst absolut nichts Negatives ist.
Es herrscht die patriarchale Struktur vor, der Vater ist der Patriarch, als nächster folgt in der Rangordnung der älteste Sohn und somit Nachfolger als Familienoberhaupt.
Die Heiratspläne werden von den Eltern gemacht und trotz der total europäischen Denkweise der Jungen beugen sie sich oft respektvoll dem Wunsche der Eltern, die sie manchmal im nahen Verwandtenkreis verheiratet sehen wollen.

All dies wird in dem Film sehr deutlich, doch kommt ein zusätzliches Problem hinzu, der junge Bram ist schwul und hat sich in Kevin einen nichttürkischen, also einheimischen Jungen, verliebt. Das Thema Homosexualität wird in diesen Kreisen aber fast mittelalterlich behandelt, wenn nicht ganz ausgeblendet: was nicht sein darf, ist auch nicht, schon gar nicht in der eigenen Familie.

Die Mutter der Familie steht jedoch in hohem Ansehen innerhalb vorgegebener Grenzen und ihr Einfluß ist oft größer, als allgemein angenommen, auch dies klingt in dem Film an und so wird auch sie ein vermittelndes Bindeglied zu dem kompronisslosen Vater.

Die religiöse Problematik, dass ein Familienmitglied in religiös extreme Kreise abrutscht, wie im Film in Gestalt von Brams Bruder Furkan, ist sicherlich nicht die Regel, sondern eine traurige Ausnahmeerscheinung, denn viele der hier aufgewachsenen jungen Moslems sind in ihrem Glauben leider genauso wenig zu Hause wie einheimische junge Christen, nur dass bei den moslemischen Mitbürgern die Familientraditon und Verankerung auch an kulturelle Traditionen weitaus ausgeprägter ist als bei Einheimischen. Eine nicht gelungenen Integration oder Arbeitslosigkeit und Sinnsuche können den ein oder anderen sicherlich zu einem solchen Schritt verleiten.

Insgesamt gesehen aber ein sehr realistischer Film, der einen guten Einblick in die Traditionen und in die kulturelle Verwurzelung vieler unserer moslemischen Mitbürger aufzeigt. Sehr gut dargestellt, wie schwierig es ist seiner Überzeugung treu zu bleiben,insbesondere wenn es sich um ein Thema wie Homosexualität handelt, ohne die Famlilie zu verletzten.
Dass es aber einen Weg gibt, der zu einem Einvernehmen führen kann, wenngleich eine große Bedrohung glücklicherweise abgewendet werden konnte, zeigt dieser Film ebenso.

Die beiden Jungschauspieler haben ihre Sache blendend gemeistert, wenngleich ich mir ein wenig mehr und offenere erotische Momente als kleine Auflockerung gewünscht hätte, denn das wäre in diesem Fall wirklich angebracht gewesen, bei oft entbehrungsreicher und enthaltsamer Zeit hat sich so manches angestaut, was nach Befriedigung schreit.
Die kurze, doch heftige Gewaltszene im Film war völlig unnötig und wohl hoffentlich der einzige Grund für die FSK 16. In Frankkreich ist der Film als "tous publics" freigegeben, also für alle zugänglich, nicht einmal mit FSK 12 belegt.

Der Film ist eigentlich sehr zu empfehlen und kann dazu mitbeitragen so manche Handlungsweise, manches Versteckspiel, auch manche Gewaltaktion (die immer zu verabscheuen ist) aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.