Dies ist mein erstes Buch von Herrn Ortheil. Es handelt sich eine ganz besondere- seine eigene- Geschichte. Es ist die ausführliche Beschreibung eines Coming out in die Welt der Kommunikation und Sprache, an sich schon faszinierend und ungewöhnlich.
Das Buch plätschert vom Erzählton her sanft und etwas gemächlich dahin. Man muss sich wirklich auf die Geschichte einlassen, da man vorher ja schon weiß, was ungefähr passieren wird, liest man dieses Buch nicht gerade, weil man was Spannendes lesen will.
Es geht um das "wie". Wie findet dieses Kind zur Sprache in dieser ungewöhnlichen Kleinfamilie, welche Rolle spielt die Musik bzw. das Klavier in seinem Leben, wie kommt das Kind aus dieser Einsamkeits-Kapsel - eingeschlossen mit seiner Mutter - heraus. Wer in diese Fragen und ihre Beantwortung tiefer eintauchen will sollte dieses Buch lesen. Ansonsten reicht der Wikipedia-Eintrag von H.J.Ortheil und noch ein oder zwei Interviews mit ihm, wie man sie im Netz findet.
Wer sich für das Klavierspielen, die ganz eigene Welt der Musik interessiert, wird wohl auch Freude an diesem Buch haben.
Die Rahmenhandlung, in die diese Kindheitsgeschichte eingebettet ist, bringt etwas Auflockerung, an sich eine gute Idee :
Der Autor schreibt an seinen Memoiren (über seine Kindheit natürlich!) in Rom und freundet sich ganz nebenbei mit einer Nachbarin an. Inwieweit diese Geschichte so passiert ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber ein bisschen zu bemüht das Ganze für meinen Geschmack. Es geht auch dauernd um einen besonderen Wein aus der Region Rom, als wenn Herr Ortheil Werbung dafür machen möchte und dabei noch als besonders kultivierter Genießer rüberkommen möchte.
Letzten Endes wirkt er als Erwachsener Alter Ego oft ein wenig selbstverliebt und sehr beeindruckt von seiner eigenen Biographie.
Es dreht sich alles um ihn selbst, andere Personen bleiben blass, wie etwa seine erste Liebe, die er auch (welch ein Zufall) in Rom kennenlernt.
Alles in allem ist "Die Erfindung des Lebens" aber auf jeden Fall lesenswert. Inzwischen habe ich übrigens
Herrn Ortheil schon live bei einer Lesung erlebt und fand ihn nicht nur symphatisch, sondern auch sehr begabt als Vorleser.
Es ist auf jeden Fall bemerkenswert, wie jemand immer wieder aus seiner eigenen Biographie schöpfen kann und ein Werk nach dem anderen veröffentlicht mit Reisebeschreibungen, Kindheits- und Jugendgeschichten usw. Vielleicht sind seine Kritiker einfach nur neidisch auf solch eine "Begabung" !?
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