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![Angriff auf die Freiheit: Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte von [Ilija Trojanow, Juli Zeh]](https://m.media-amazon.com/images/I/41PX97PV28L._SY346_.jpg)
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Angriff auf die Freiheit: Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte Kindle Ausgabe
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- SpracheDeutsch
- Herausgeber
- Erscheinungstermin17. August 2009
- Dateigröße248 KB
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Produktbeschreibungen
Pressestimmen
"In ihrer provokanten Streitschrift 'Angriff auf die Freiheit' rufen Juli Zeh und Ilija Trojanow dazu auf, dem Ausverkauf der Privatsphäre den Kampf anzusagen." Thomas Hummitzsch, die tageszeitung, 05.09.09
"Ein politischer Warn- und Weckruf." Uwe Justus Wenzel, Neue Zürcher Zeitung, 29.08.09 -- Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.
Prolog. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten.
Früh raus. Der Wecker klingelt. Es ist noch dunkel. Nicht gleich Licht machen, eine Minute auf dem Bettrand sitzen bleiben. Die Morgenluft einatmen. Das Fenster ist gekippt, die Tür zum Flur offen. In der Küche wartet die Espressomaschine. Wo sind die Hausschuhe? Sich strecken, aufstehen, das Licht anknipsen.
Sie ziehen den Vorhang am Küchenfenster zu, damit der Nachbar von gegenüber nicht hereinschauen kann, für alle Fälle, denn eigentlich schläft der an Wochentagen so lange wie Sie am Wochenende. Sie kochen sich einen doppelten Espresso, in ihrer großen Lieblingstasse, damit Platz bleibt für die Milch. Sie führen die Tasse zum Mund, sie pusten ein wenig, dann nehmen Sie einen Schluck. Jetzt kann der Tag beginnen. Sie setzen die Tasse auf dem Tisch ab. Am Rand haben Sie zwei wunderschöne Fingerabdrücke hinterlassen. So scharf konturiert und vollständig wie die in Ihrem Reisepaß. Oder die in den Datenbanken der U.S. Customs and Border Protection, seit Ihrem letzten Sommerurlaub in Florida. Beruflich sind Sie viel unterwegs? Dann kennt man das Muster auf der Kaffeetasse, die Sie gerade ins Arbeitszimmer tragen, auch in Schweden, Georgien und im Jemen.
Wie jeden Morgen rufen Sie Ihre privaten E-Mails ab. Die sind schon überprüft worden – nicht nur von Ihrem Virenscanner. Sie haben noch ein paar Minuten Zeit, bevor Sie zur Arbeit müssen, also rufen Sie die eine oder andere Webseite auf – die Kripo weiß, welche, wenn sie möchte, und kann das auch in sechs Monaten noch überprüfen. Sie nehmen schnell noch eine Überweisung vor, die Ihnen gerade eingefallen ist – die zuständigen Behörden wissen, an wen. Zum Glück heißen Sie Müller, das schützt ein wenig. Bei Ihrem Kollegen Tarik al-Sultan, der neulich zum Bergsteigen in Kaschmir war, verschickt der Computer gerade den gesamten Inhalt der Festplatte an den Verfassungsschutz. Greifen Sie etwa gerade nach dem Telephon, um mit Tarik etwas Vertrauliches zu besprechen, das nicht ins Büro gehört? Lassen Sie es lieber sein. Besuchen Sie ihn zu Hause, wenn Sie ungestört reden wollen. Es sei denn, Tarik wurde als Gefährder eingestuft, weil er regelmäßig Geld an seinen arbeitslosen Cousin in Pakistan schickt. Dann ist seine Wohnung ohnehin verwanzt.
Sie eilen zur Haustür hinaus. Die Überwachungskamera Ihres Wohnkomplexes beobachtet jeden Ihrer Schritte. Auch beim Betreten der U-Bahn-Station werden Sie gefilmt, ebenso auf dem Bahnsteig und in der Einkaufspassage, wo Sie eine Zeitung kaufen. Haben Sie schon mal versucht, vor einer Überwachungskamera unschuldig zu wirken? Das ist noch schwieriger, als auf einem gestellten Photo natürlich zu lächeln. Warum wandert Ihr Blick ständig nach oben? Zweimal haben Sie direkt in die Kamera geschaut. Und jetzt greifen Sie sich schon wieder ins Haar. Wenn das noch einmal passiert, wird die biometrische Verhaltensanalyse den Alarm auslösen. Warum sind Sie so nervös? Laut Ihrer Patientenkarte bekommen Sie seit neuestem Beruhigungsmittel verschrieben. Und die Paybackkarte verzeichnet einen erhöhten Alkoholkonsum. Sie haben am Bankautomaten wieder 1000 Euro abgehoben. Wozu brauchen Sie so viel Bargeld? Außerdem ist Ihr Stromverbrauch im letzten Monat um 12,4 Prozent gestiegen. Verstecken Sie jemanden? In der Stadtbibliothek leihen Sie sich in letzter Zeit merkwürdige Bücher aus, über zivilen Ungehorsam und die Pariser Kommune. Reichen Ihnen die historischen Schmöker nicht? Und diese regelmäßigen Zahlungstransfers nach Südfrankreich? Wofür? Warum sind Sie letzte Nacht eigentlich so lange um den Block gelaufen? Sie hatten Ihr Handy nicht ausgeschaltet – da weiß man genau, wo Sie sind.
Nach der Arbeit steigen Sie ins Auto, um etwas Persönliches zu erledigen. Verzichten Sie auf die Verwendung Ihres Navigationssystems. Andernfalls läßt sich leicht herausfinden, wohin Sie fahren. Machen Sie einen Umweg, meiden Sie die Autobahn mit den ganzen Mautstationen. Sie fragen sich bestimmt schon, warum Ihnen so hartnäckig aufgelauert wird? Warum gerade Ihnen? Es gibt doch keinen Grund, aus dem sich irgend jemand für Sie interessieren könnte.
Sind Sie sicher? Sind Sie absolut sicher? Haben Sie nicht neulich gegen den G-8-Gipfel demonstriert? Dann verfügt die Polizei sogar über Ihre Geruchsprobe. Haben Sie nicht bis vor kurzem in jenem Studentenwohnheim gelebt, in dem auch ein gewisser Abu Mehsud untergekommen war? Das waren gar nicht Sie, das muß ein anderer Müller gewesen sein? Na, wenn man so heißt, liegt eine Verwechslung nahe, selber schuld. Und wie steht es mit Ihrer Lebensgefährtin, die kauft jede Menge Haarfärber, Fleckenlöser und Batterien. Das bedeutet: Wasserstoffperoxid, Azeton, Schwefelsäure! Halten Sie uns für blöd? Daraus kann jeder Idiot eine Bombe bauen. Natürlich behaupten Sie, Ihre Lebensgefährtin habe nicht vor, eine Bombe zu bauen. Das würde jeder antworten. Sollten Sie allerdings die Wahrheit sagen – wo liegt dann das Problem? Wir helfen Ihnen doch nur, diesen leidigen Verdacht aus der Welt zu schaffen, indem wir genau hinschauen. Das muß doch auch für Sie eine Erleichterung sein.
Kein Grund zur Beunruhigung also. Alles geschieht zu Ihrem Besten. Der Staat paßt auf Sie auf. Der Staat ist Ihr Vater und Ihr Beschützer. Er muß wissen, was seine Kinder treiben. Wenn Sie nichts Schlimmes verbergen, haben Sie auch nichts zu befürchten. Die Entscheidung aber, was schlimm ist, überlassen Sie bitte den Spezialisten. Bedenken Sie, daß Sie sich verdächtig machen, wenn Sie nicht alles offenlegen. Wenn Sie mitspielen, müssen Sie keine Angst haben. Wir sind nicht die Stasi oder das FBI. Sie leben in einer gesunden Demokratie. Da kann man schon ein bißchen Vertrauen von Ihnen erwarten.
Was? Der Staat soll Ihnen vertrauen? Wo kämen wir da hin! Schon das Grundgesetz sagt, daß alle Gewalt vom Volke ausgeht. Und Gewalt gilt es einzudämmen. Da sind Sie ja wohl einer Meinung mit dem Innenministerium.
Gehen Sie nur, Ihr Schatten bleibt hier. Man hört, sieht und liest von Ihnen.
Achtung bitte, wir unterbrechen diesen Text für eine wichtige Durchsage: Dies ist keine Science-fiction. Wir wiederholen: Keine Science-fiction. Dies ist nicht 1984 in Ozeanien, sondern das Jahr 2009 in der Bundesrepublik. Falls Sie sich immer noch nicht verdächtig fühlen – herzlichen Glückwunsch. Sie sind ein unbeugsamer Optimist. Wollen wir hoffen, daß Sie nicht soeben durch den Kauf dieses Buchs zu einem verdächtigen Optimisten geworden sind.
Buchrückseite
Über den Autor und weitere Mitwirkende
Juli Zeh, 1974 in Bonn geboren, Jurastudium und Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig, Gastdozentin in Leipzig, Düsseldorf und zuletzt Witten/Herdecke. Zahlreiche Preise, zuletzt 2008 Jürgen Bansemer u. Ute Nyssen-Dramatikerpreis und Prix Cévennes (2008) sowie Carl-Amery-Literaturpreis (2009). Zuletzt erschienen: Schilf (2007), Das Land der Menschen (2008) und Corpus Delicti (2009).
Stephan Schad, Schauspieler und Hörbuchsprecher, steht seit vielen Jahren auf Hamburgs Theaterbühnen, ist Mitglied des Filmensembles Die Glücklichen und in verschiedenen TV-Serien und Kinofilmen, beispielsweise im Tatort, in Eine mörderische Entscheidung und in Das Tagebuch der Anne Frank zu sehen. Für das Hörbuch von Florian Illies’ 1913 wurde er als Sprecher mit dem Ohrkanus in der Kategorie »Bestes Sachhörbuch« ausgezeichnet. -- Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.
Werbetext
Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte
-- Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.Produktinformation
- ASIN : B0081ZMNU6
- Herausgeber : ; 5. Edition (17. August 2009)
- Sprache : Deutsch
- Dateigröße : 248 KB
- Text-to-Speech (Vorlesemodus) : Aktiviert
- Screenreader : Unterstützt
- Verbesserter Schriftsatz : Aktiviert
- X-Ray : Nicht aktiviert
- Word Wise : Nicht aktiviert
- Haftnotizen : Mit Kindle Scribe
- Seitenzahl der Print-Ausgabe : 174 Seiten
- Amazon Bestseller-Rang: Nr. 169,893 in Kindle-Shop (Siehe Top 100 in Kindle-Shop)
- Nr. 4,985 in Politik & Geschichte (Kindle-Shop)
- Nr. 48,307 in Politik & Geschichte (Bücher)
- Kundenrezensionen:
Über die Autoren
Ilija Trojanow, geboren 1965 in Sofia, floh mit seiner Familie 1971 über Jugoslawien und Italien nach Deutschland, wo sie politisches Asyl erhielt. 1972 zog die Familie weiter nach Kenia. Unterbrochen von einem vierjährigen Deutschlandaufenthalt lebte Ilija Trojanow bis 1984 in Nairobi. Danach folgte ein Aufenthalt in Paris. Von 1984 bis 1989 studierte Trojanow Rechtswissenschaften und Ethnologie in München. Dort gründete er den Kyrill & Method Verlag und den Marino Verlag. 1998 zog Trojanow nach Mumbai, 2003 nach Kapstadt, heute lebt er, wenn er nicht reist, in Wien. Seine bekannten Romane wie z.B. ›Die Welt ist groß und Rettung lauert überall‹, ›Der Weltensammler‹ und ›Eistau‹ sowie seine Reisereportagen wie ›An den inneren Ufern Indiens‹ sind gefeierte Bestseller und wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt erschienen bei S. Fischer sein großer Roman ›Macht und Widerstand‹ und sein Sachbuch-Bestseller ›Meine Olympiade: Ein Amateur, vier Jahre, 80 Disziplinen‹.
Juli Zeh, 1974 in Bonn geboren, Jurastudium in Passau und Leipzig, Promotion im Europa- und Völkerrecht. Längere Aufenthalte in New York und Krakau. Schon ihr Debütroman »Adler und Engel« (2001) wurde zu einem Welterfolg, inzwischen sind ihre Romane in 35 Sprachen übersetzt. Juli Zeh wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Thomas-Mann-Preis (2013) und dem Heinrich-Böll-Preis (2019). Im Jahr 2018 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz und wurde zur Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg gewählt. Ihr Roman »Über Menschen« war das meistverkaufte belletristische Hardcover des Jahres 2021.
© Autorenfoto: Thomas Müller
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Vorratsdatenspeicherung, intensive Sicherheitskontrollen an Flughäfen, Videoüberwachung, Bundestrojaner, ePass, Fingerabdrucksspeicherung, zentralisierte Datenbanken, Lauschangriff, Mailfilter, verschärfte Waffengesetze, Internetzensur und vieles andere mehr - der Staat hat während der letzten neun Jahre ein ganzes Arsenal von Maßnahmen installiert, die mehr oder weniger mit dem "Kampf" oder "Krieg" gegen "den Terror" begründet werden, der allerdings Deutschland mitnichten erreicht hat. Ein einziger Terroranschlag war geplant, der übrigens auch nicht mit Hilfe dieser Maßnahmen vereitelt oder aufgeklärt worden ist; er scheiterte an der technischen Ausstattung der Terroristen. Die Täter sind schließlich mit Hilfe ganz "normaler" Untersuchungsmethoden festgesetzt worden.
Sicherheit und Prävention sind die Schlagworte, die als Begründung für diverse Methoden immer wieder angeführt werden. Mithin sind sich selbst honorige Rechtswissenschaftler nicht zu schade, auch Folter als präventive Maßnahme zu favorisieren; sie argumentieren damit im Fahrwasser von Propagandaunterhaltung wie der Fernsehserie "24". Gefoltert wird längst, Menschen werden festgenommen, verschleppt und monatelang drangsaliert, auch Deutsche - es genügt, "Terrorverdächtiger" zu sein, eine sehr diffuse Kategorisierung, unter die viele fallen können; Begründungen sind zumeist nicht erforderlich. An Flughäfen werden Bürger mit "ausländischem" Aussehen oder orientalisch klingenden Namen intensiver durchsucht als andere Staatsbürger. Feindbilder sind entstanden, eine neue Zwei-Klassen-Gesellschaft hat sich etabliert: Der unbescholtene (unverdächtige) Bürger steht dem "Terrorverdächtigen" gegenüber. Letzterer genießt seine Rechte bestenfalls eingeschränkt; in vielen Fällen aber überhaupt nicht mehr. Der Schritt vom einen zum anderen aber wird immer kürzer.
Gleichzeitig wird ein ganzes Volk unter Generalverdacht genommen. Die Unschuldsvermutung ist ausgehebelt, und während sich Gutmenschen die Verfahrensweise schönreden, indem sie den idiotischen Satz "Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten" kolportieren, dringt der Staat mit Videokameras, Abhörmaßnahmen und Internetkontrolle in die Privatsphäre auch Unverdächtiger ein. Der nützliche Idiot liefert willfährig seine Fingerabdrücke ab, ohne einer Straftat verdächtig zu sein, lässt seine biometrischen Daten in Pässe einschweißen (obwohl es keinen einzigen Fall von Terroristen gab, die mit gefälschten Pässen unterwegs waren), nimmt die Speicherung seiner Kommunikationsdaten "auf Vorrat" hin und grinst unentwegt in omnipräsente Minikameras, die mit gewaltigen Datenbanken und hochintelligenter Software verknüpft sind. Okay, dieser nützliche Idiot breitet auch sein Privatleben flächig im Internet aus, präsentiert peinliche Fotos auf MySpace, veröffentlicht private Vorlieben auf Xing und liefert nicht nur demoskopische Daten über Facebook oder Payback-Karten.
Während die vergleichsweise harmlose Volkszählung in den Achtzigern noch eine Protestwelle auslöste, scheint Angst als Verkaufsargument für haltlose Maßnahmen durchaus zu funktionieren. Obwohl sehr viel mehr Menschen durch Grippe, Verkehrsunfälle und am Rauchen sterben, nimmt der Bürger hin, dass seine Privatsphäre beschnitten wird, um einem Szenario zuvorzukommen, das es weder gab, noch außerhalb der Köpfe von Schäuble und Co. jemals geben wird. Die meisten Terroranschläge finden in jenen Staaten statt, die von den USA aufgrund unhaltbarer Annahmen angegriffen wurden - Massenvernichtungswaffen wurden jedenfalls nicht im Irak gefunden. Das totalitäre Saudi-Arabien erlebt exorbitant mehr Terror als Deutschland und alle anderen westeuropäischen Staaten zusammen - und zeigt damit eindrucksvoll, dass flächendeckende Überwachung keine Prävention gegen Taten sein kann, bei denen die Täter alles zu riskieren bereit sind.
Die Entwicklung ist auch längst noch nicht beendet. Großbritannien demonstriert, was uns erwartet. Ganz nebenbei dient dort die flächendeckende Videoüberwachung auch noch dazu, "sozialschädliches" Verhalten zu ahnden. Der Verzicht auf Privatsphäre ist aber ein zu hoher Preis für die Aufklärung von Bagatelldelikten. Freiheit ist ein Wert, der nur im extremen Ausnahmefall zur Disposition stehen darf. Menschen dürften und sollen Geheimnisse haben, das ist ein Bestandteil des Menschseins. Der ver-öffentlichte und generalüberwachte Mensch aber ist nicht mehr frei.
Die wütende, aber keineswegs überemotionale, recht kurze Streitschrift zeigt in elf Kapiteln und ausführlich dokumentierenden Anhängen, wo sich die westlichen Demokratien befinden und wohin sie sich bewegen. Einzig der Versuch, die Motivation der Staatstäter zu erläutern, fällt etwas schmal aus. Davon abgesehen liefern Zeh und Trojanow ein eindringliches, bewegendes und kluges Büchlein über den Ausnahmezustand, der seit fast neun Jahren herrscht und zur manifestierten Normalität zu werden droht - langfristig, denn der "Krieg gegen den Terror" wird, wie auch die Protagonisten gebetsmühlenartig wiederholen, niemals ein Ende haben. Ein Muss für jeden Bürger, der mehr Angst vor dem Verlust der eigenen Freiheit als vor diffusen Angriffsszenarien hat, die an den grünen Tischen der Schreibtischtäter erdacht werden.
Diese Kritik der staatlichen Politik ist überzeugend und schlüssig. Die Autoren stellen viele gute Fragen, etwa, was "Sicherheit" und "Terrorverdächtige" eigentlich sein sollen und ob die vorgeschlagenen Maßnahmen überhaupt ihren Zweck erfüllen können. Dabei wird klar, dass mehr staatliche Kontrollen uns nicht unbedingt sicherer leben lassen.
Dennoch fehlen in dem Buch einige entscheidende Aspekte:
1.
Die Autoren gehen unhistorisch vor und vergleichen die heutigen Kontrollmethoden nicht mit der Unterdrückung früherer Zeiten. Wenn sie dies getan hätten, dann hätte sich gezeigt, dass die Vergangenheit auch nicht so viel besser war als sie manchen vielleicht erscheint. Wie hat sich denn die Überwachung in den verschiedenen Gesellschaften entwickelt, wann gab es mehr, wann weniger Freiheit und wovon hing dies ab?
2.
Es gibt auch keine Gesellschaftsanalyse. Leben wir einer funktionierenden Demokratie? Wenn ja, dann könnte Überwachung kein Problem sein, weil die Bürger sich freiwillig für mehr Sicherheit entscheiden. Oder hat die Demokratie entscheidende Mängel? Wenn ja, welche und was könnten wir tun, um etwas daran zu ändern?
3.
Dass die moderne Technik mehr elektronische Überwachung ermöglicht, ist klar. Weniger klar ist, dass Internet und Öffentlichkeit auch den entgegengesetzten Effekt haben und Ausschreitungen der Herrschenden öffentlich machen. Schließlich sind viele Informationen über Politiker und Verwaltungsvorgänge heute transparent und nachvollziehbar, was die Kräfteverhältnisse auch verschiebt.
Für eine Gegenstrategie haben die Autoren beinahe nichts anzubieten. Dass sie von den Regierungsparteien nichts erwarten, ist ja verständlich, aber auch die Oppositionsparteien Grüne und Linke werden von ihnen als unglaubwürdig dargestellt. Piratenpartei und Bürgerrechtsorganisationen bleiben unberücksichtigt. So bleibt den Autoren nur die Empfehlung an die Leser, wachsam zu sein und mit persönlichen Daten zurückhaltend umzugehen. Diese Art von individuellem, passivem Widerstand kann kaum Erfolg haben und führt in die Frustration.
Wer keine politische Strategie erwartet, sondern sich im Wehklagen über die Regierungspolitik bestätigt sehen will, ist mit diesem Buch gut bedient.
Ich weiß allerdings nicht, ob der Blogbetreiber das Buch jenseits einiger einprägsamer Zitate ausgelesen hat.
Bemerkenswert ist, dass die Autoren die Hinwendung zu Freiheitsthemen nur Interessenten von linker Seite zubilligen, so wird das Studium irgendwelcher linker Kommunen als irgendwie anstiftend für Freiheitsthemen gesehen.
Und man merkt, dass das Buch noch zu Zeiten geschrieben wurde, als Angela Merkel noch als Gegnerin des linken Politmedialen Komplexes gesehen wurde.
Typisch links werden hier noch Bekämpfung von Gewaltkriminalität und Islamismus als Freiheitsbedrohend geschildert, wobei natürlich schon damals tragikomisch war, dass gerade Linke, also Menschen denen die Überwachung, Bespitzelung und Ausschaltung von Dissidenten immer als legitim galt, nun als die großen Freiheitskämpfer und Schützer des Individualismus auftreten.
Einige Jahre später, nach Aufbau einer linken Überwachungsagentur mit einer DDR-Spitzelin als Fürung, gesetzlicher Einschränkungen der Meinungsfreiheit und Gewalt gegen anders denkende nicht nur, aber auch und gerade durch linke, wissen wir:
Es ging nie um die grundsätzliche Verteidigung der Freiheit, um Bekämpfung des Überwachungsstaates.
Sobald die "Richtigen" bekämpft werden, passt das alles schon.
Es bleibt ein Werk, angefüllt mich Heuchelei, nur reif für die Tonne.